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zeroseven design studios
05.03.2018

Rant: Weshalb uns die Pitch-Kultur nur selten reizt

Heute möchten wir als Agentur unsere Haltung zu Pitches zum Ausdruck bringen und darlegen, weshalb ein Pitch in den wenigsten Fällen nachhaltig für uns als Agentur ist und ja, wir möchten in gewisser Weise einen Rant auf die Pitch-Kultur abgeben.

Viele der Pitches, zu denen die zeroseven design studios eingeladen werden, schlagen wir aus. Es gibt jedoch auch Ausnahmen. Einladungen nehmen wir gerne an wenn: der Pitch, gemessen an den geforderten Leistungen, fair honoriert wird und in einer angemessenen Zeit realisiert werden kann. Weitere Aspekte, die uns positiv stimmen stellen die Reputation bzw. möglichen Multiplikatoren dar, sodass sich die letzte Meile, die über dem Honorar liegt, lohnt in das Projekt zu investieren.

Unserer Erfahrung nach werden in 95 % der Fälle diese Anforderungen nicht erfüllt bzw. nicht einmal in Betracht gezogen.

Stellen Sie sich vor, Sie würden fünf Restaurants auswählen und jeweils ein 4 Gänge-Menü essen. Dort, wo Ihnen das Menü am besten geschmeckt hat, würden Sie es dann auch bezahlen.

Nein? Eben deswegen bieten wir unsere Kreativideen und Qualitätsarbeiten unseres engagierten und motivierten Teams nicht für lau oder zu Schleuderpreisen mit rosaroten Wolken an.

Die richtige Agentur zum Pitch einladen

Sie Fragen sich, weshalb wir diesen Artikel schreiben? Immer wieder stellen wir fest, dass es Forderungen wie im Gastronomie-Beispiel von Ausschreibenden gibt. Dreht man die Fragestellung um, so ist die Bereitschaft zur kostenlosen Arbeit auf der anderen Seite sehr gering. Aus diesem Grund möchten wir Unternehmen, die zum Pitch einladen dazu anregen, sich kritisch mit den gebotenen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen sowie zu hinterfragen, ob Sie zu gleichen Voraussetzungen arbeiten würden. Darüber hinaus möchten wir klarstellen, dass der Input aus einem Briefing so umfassend und klar geschildert sein sollte, dass wir als Agentur die Grundlage haben, um arbeiten zu können. Denn aus Stroh Gold zu spinnen ist nur bei den Gebrüdern Grimm möglich.

Auch sollte das Briefing immer passend zu den eingeladenen Agenturen formuliert werden. Diese unterscheiden sich entscheidend in ihrer Prägung und Struktur. So gibt es Werbeagenturen, diese sind spezialisiert auf Werbung. Des Weiteren gibt es Digitalagenturen, welche ihren Fokus auf Anwendungen des Internets sowie je nach Vorlieben für unterschiedliche Technologien legen. Dann wiederum gibt es Markenagenturen, die ihre Ausrichtung auf die ganzheitliche Betrachtung sowie Führung von Marken über alle Wahrnehmungsebenen hinweg legen.

Natürlich kann eine Werbeagentur auch eine Marke entwickeln, jedoch unterscheidet sich ihre Herangehensweise aufgrund ihrer Prägung und Erfahrung in der Regel von der einer Markenagentur.

Wir von den zeroseven design studios haben unsere Kompetenz in der digitalen und crossmedialen Markenführung. Das bedeutet, wir haben eine hohe Kompetenz in der Markenentwicklung und in der Entwicklung von analoger und digitalen Kommunikationslösungen und deren Verknüpfung. Dabei haben wir uns auf Technologien wie die Contentmanagement-Systeme TYPO3 und Neos sowie E-Commerce-Lösungen mit Shopware spezialisiert. Darüber hinaus gibt es bei der App-Entwicklung ebenfalls viel zu beachten. Ist hier iOS, Android oder ein hybrider Ansatz gewünscht?

Daher sollte bei der Wahl der Agentur genau darauf geachtet werden, welche Anforderungen gestellt werden und mit welcher Ausrichtung diese von der jeweiligen Agentur angegangen werden. An diesem Punkt spielt eben der Preis eine untergeordnete Rolle, vielmehr ist hier wichtig für sich zu bewerten, ob eine der pitchenden Agenturen der Partner auf Augenhöhe ist oder eher doch der Dienstleister, der auf der Rückbank sitzt und abarbeitet.

Betrachten wir ein weiteres Beispiel aus einer verwandten Kreativbranche als Analogie zur Markenarchitektur. Die Architektur, insbesondere der Hausbau sind eine sehr persönlich zugeschnittene Lösung im Raum.

Undetaillierte Briefings als Pitch-Grundlage

Am Anfang ist meist die Einladung eines Kunden zum Pitch. Diese erhalten wir in der Regel in Form einer E-Mail. Wenn wir Glück haben, sogar mit einem etwas ausführlicheren Anhang, dem Briefing. Dieses umfasst in der Regel ca. 1,5 DIN A4 Seiten.

Vergleichen wir den Umfang dieser Informationen mit einer Leistungsbeschreibung eines Architekten, dann wird recht schnell deutlich, dass die Information „man brauche ein Haus, mit 4 Zimmer und je 4 Wänden“ wenig zufriedenstellend im Ergebnis sein wird. Weshalb? Weil jegliche Information zu persönlichen Lebensumständen, Wünschen und individuellen Anforderungen an das Haus unerwähnt bleiben. In vielen Fällen wird sogar das Budget verschwiegen.

Wenn Sie tatsächlich in der Situation sind, ein eigenes Haus zu bauen, dann versuchen Sie fünf Architekten zu finden, die Ihnen kostenlos oder für ein geringes Honorar eine Planung machen für das Versprechen, dass sie den Bau begleiten dürfen, wenn einer von diesen die beste Idee liefert und Sie sich dann für einen Architekten entscheiden.

Mit großer Wahrscheinlichkeit werden Sie keinen finden. Leistung und Qualität haben Ihren Preis. Nur unsere Branche lässt sich hiervon immer wieder fangen und das muss ein Ende haben.

Oberflächiges Briefing vs. intensive Projektauseinandersetzung

Wir unterstützen unsere Kunden bei der Erstellung eines ausführlichen und klaren Briefings, indem wir sie auf diesem Weg begleiten. Gerade bei Website-Relaunches oder Markenentwicklungen hat es sich bewährt auf Augenhöhe in einem Workshop die Projektanforderungen ausführlich und zukunftsgerichtet zu definieren. Je nach Anforderung und Aufgabe dauert so ein Workshop ein bis drei Tage mit einer entsprechenden Vor- und umfangreichen Nacharbeit sowie strategischer Ausrichtung. In diesen Workshops beleuchten wir je nach Aufgabenstellung mit unterschiedlicher Intensivität folgende Themenbereiche.

  • Welche Ziele werden verfolgt und wie lassen sich diese messen
  • Nicht-sichtbare vs. sichtbare Markenebenen
  • Fundament Ihrer Marke
  • Ihre Markenwerte
  • Ihre Markenpositionierung heute und morgen
  • Ihre Brandstory
  • Der Marken-Claim
  • Die wichtigsten Verkaufsargumente
  • User/Consumer Insights
  • Markenmodell
  • Ihr Umfeld: Wettbewerb, Zielgruppen, Markt und Rahmenbedingungen
  • Personas und deren Touchpoints
  • Tonalität
  • Einfluss von Typografie in der Kommunikation
  • Bedienkonzepte bei Webseiten und Applikationen


Vergleichen Sie nun die inhaltliche Quantität und Qualität unserer Workshops mit den oben geschilderten Briefings: Sie sehen, die Briefings kratzen lediglich an der Spitze des Eisbergs, die 20 % die aus dem Wasser ragen und in der Regel lediglich die sichtbare Ebene darstellen. Die restlichen 80 % vom Eisber ist die Nicht-sichtbare Ebene. Diese stellt jedoch die elementare Basis für die Gestaltung eines Erscheinungsbildes, des nächsten Messestandes, einer Kampagne oder der neuen Webseite dar. Wir erarbeiten in Workshops genau die 80% vom Eisberg, die zwingend notwendig sind, um die 20 % der sichtbaren Ebene realisieren zu können. Es geht also um viel mehr als das was von der Zielgruppe gesehen werden soll. Es geht um Nachhaltigkeit, um die Legitimierung von Ressourcen und schlussendlich um die Sicherheit von Arbeitsplätzen und Namen hinter Personalnummern. Allem in allem ziemlich viel Verantwortung für kostenlos geforderte Leistungen.

Mindestanforderung an ein Briefing

Daher appellieren wir an Sie, setzen Sie sich mit Ihrem Projekt intensiv auseinander und liefern Sie mindestens folgenden Input in Ihren Briefings.

Projekte der Markenpositionierung

Allgemeines Beschreibung zum/zur:

  • Unternehmen
  • Produkt
  • Dienstleistung
  • Marktsituation
  • Detaillierte Aufgabenstellung
  • Zielsetzung der Aufgabe
  • Zielgruppenanalyse und Zielgruppenauswertungen
  • Problemstellung und Motivation
  • Styleguides oder auch CD Vorgaben
  • Weitere geplante Maßnahmen
  • Besondere Herausforderungen
  • Budget und Zeitrahmen
  • Relevante Termine
  • Mitbewerber

Website-Relaunches

Allgemeines Beschreibung zum/zur:

  • Unternehmen
  • Produkt
  • Dienstleistung
  • Marktsituation
  • Detaillierte Aufgabenstellung
  • Zielsetzung der Aufgabe
  • Zielgruppensegmentierung
  • Zielgruppenhirarchie
  • Zielgruppenbeispiele anhand Personas
  • Top Keywords
  • Zugang auf aktuelle Statistiken
  • Problemstellung und Motivation
  • Styleguides oder auch CD Vorgaben
  • Weitere geplante Maßnahmen
  • Besondere Herausforderungen
  • Budget- und Zeitrahmen
  • Relevante Termine
  • Mitbewerber
  • Technische Rahmenbedingungen im Unternehmen
  • Anforderung an die Technologie
  • Funktionale/Nicht-Funktionale Anforderungen

Bewertung der Agentur auch ohne Pitch

Wenn Sie sich diese Mühe gemacht haben, dann müssen sie nicht zwingend zum Pitch einladen, sondern können ein Angebot einfordern, was Sie wiederum in die Lage versetzt, die unterschiedlichen Angebote vergleichen zu können. Liegen alle Angebote vor, können Sie diese seriös vergleichen hinsichtlich der angebotenen Leistung - diese stellt übrigens nicht nur den Preis dar. Der Leistungsumfang überrascht mithin oft.

Zusätzlich empfiehlt sich ein Blick, auf die Webseite der Agentur und deren Referenzen sowie ein persönliches Gespräch als ideale Voraussetzung, sich für eine Agentur entscheiden zu können. Ganz ohne Pitch. Am Ende muss neben der Fachkompetenz auch das menschliche Vertrauen stimmen.

Alternativ sollten Sie fairerweise zumindest die Zeit und das Geld für einen Workshop mit Ausarbeitung investieren, um die Grundlage für eine nachhaltige Arbeit zu erlangen.

Wenn Sie nach alldem doch noch pitchen möchten, sind Sie in der glücklichen Lage, die Leistungen zum fairen Preis miteinander vergleichen zu können, denn Äpfel sind immer noch keine Birnen.

Abschließend möchten wir darauf eingehen, wie sich ein Pitch unter der aktuell gelebten Kultur betriebswirtschaftlich auswirkt, am Beispiel eines Pitch-Honorars zwischen 3.000 und 5.000 Euro für einen Webseiten-Relaunch. Es liegt auf der Hand, dass wir einen Pitch gewinnen möchten, wenn wir für diesen antreten. Dementsprechend setzt sich das Projektteam oftmals aus einem Kundenberater, dem Creative Director, einem Online Spezialisten sowie einem Technical Director zusammen. Jeder dieser Personen leistet seinen Teil zum Pitch bei, sodass hierfür kumuliert gerne zwischen 120 bis 160 Stunden Aufwand entstehen. Bei einem durchschnittlichen, branchenüblichen Stundensatz, gehen wir mit einer Investition zwischen 10.000 - 15.000 Euro in Vorleistung, ohne Auftragssicherheit. Rechnen wir das Pitch-Honorar gegen, bleibt am Ende eine Summe stehen, die sich wiederum erst mit zwei bis drei Folgeprojekten refinanziert.

Wenn Sie all diese Parameter aus unseren Erfahrungen für sich selbst reflektieren, wird Ihnen bewusst, weshalb die aktuelle Pitch-Kultur nicht von Fairness geprägt ist und in keinem Verhältnis mit dem Leistungsumfang steht. Wir denken, hiermit können Sie unsere Haltung zu Pitches nachvollziehen.

Natürlich freuen wir uns über jede Neuanfrage und Austausch mit potenziellen neuen Kunden.
Zögern Sie nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen.

In der Absatzwirtschaft hat Benjamin Minack einen ergänzenden Artikel zur betriebswirtschaftlichen Betrachtung von Pitches zusammengefasst. Hier kommt er zum gleichen Ergebnis wie wir das in unserem Artikel beschreiben. Benjamin Minack spricht sogar von einem ökonomischem Selbstmord, wenn ein Pitch unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet wird. Dieser Artikel bringt es aber noch einmal deutlich auf einen Punkt. Und wir freuen uns, dass unsere Agenturkollegen laut GWA immer mehr Pitches ablehnen.
Zum Artikel der Absatzwirtschaft.

In einem Gemeinschaftsprojekt der drei Verbände gwa, GPRA und BVDW werden Unternehmen über die Mikrosite "Die richtige Agentur" Möglichkeiten aufgezeigt, wie eine Agenturauswahl auch ohne Pitch stattfinden kann. Auch hier wird nachhaltig die betriebswirtschaftlichen Defizite eines Pitches aufgezeigt.

Ich freue mich, Sie mit diesem Blogbeitrag zu inspirieren, die Welt durch einzigartiges Design mitzugestalten.

Thomas Seruset CEO - Geschäftsführender Gesellschafter
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