Wie das Internet mein Leben beeinflusste
Bevor ich zur Gründung der zeroseven design studios einige Zeilen schreibe, möchte ich erst ein paar Worte zu den Anfängen meiner Selbstständigkeit verlieren und wie die Entwicklung der Internettechnologie meinen Weg beeinflusste.
Ich kann mich noch genau daran erinnern: Angefangen hat alles 1994, als ich mir meinen ersten eigenen Mac kaufte. Einen Power Macintosh 6100. Als gelernter Druckformhersteller/Schriftsetzer hat mich die neue Technologie um DTP (Desktop Publishing) extrem gereizt und interessiert. Mit dem Besitz meines eigenen Mac und der Software QuarkXPress, Aldus Freehand und Photoshop habe ich ein Gewerbe angemeldet und meine gestalterischen Leistungen unter dem Firmennamen „TypoArts“ angeboten. Am Anfang waren die Aufträge noch überschaubar. Hier mal eine Autogrammkarte, diverse Stadionzeitungen für Fussballvereine oder eine Geschäftsausstattung zählten zu meinen anfänglichen Aufträgen.
Neben meiner kreativen Dienstleistung hatte ich Schreib-, Zeichen-, Noitzblöcke und Schulhefte aus Hanfpapier produzieren lassen, die ich ebenfalls nebenher verkaufte. Um den Verkauf etwas anzukurbeln, hatte ich in einem Hanfmagazin eine Anzeige geschaltet. Mit Erscheinen der Ausgabe ist mein Faxgerät damals heiß gelaufen. Man kann es sich heute kaum noch vorstellen, ich hatte über Nacht fast 80 Bestellungen von diversen Hanf-Shops aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz erhalten. Mit meinen Produkten hatte ich zumindest den Nerv der Hanfhändler getroffen. Für die zweite Auflage meiner Schreibblöcke und Schulhefte hatte ich Hanfpapier aus Ungarn importiert. So machte ich meine ersten Erfahrungen mit diversen Materialien aus Hanf. Auch heute noch ist Hanfpapier die bessere Alternative zu herkömmlichen Papieren.
Ein damaliger Freund machte mich auf die gerade aufkommende Internettechnologie aufmerksam. Der Umgang mit Druckdaten war mir ja schon vertraut und meine ersten Erfahrungen habe ich über meine Teilselbstständigkeit bereits gesammelt. Die Internettechnologie ermöglichte mir auf einmal die weitere Verwendung der Druckdaten. Bis dahin landeten die Druckdaten zuerst auf einem RIP (Raster Image Processor) und anschließend nach dem Druck im Backup auf Magnetband oder im Archiv und wurden nicht weiter verarbeitet.
Mir war zu diesem Zeitpunkt klar, dass mit diesen Daten ein vielfaches mehr anzufangen ist. Der Gedanke und die Faszination hat mich nicht mehr losgelassen. Mit meinem ersten Buch „Gestaltungsgrundlagen für ein neues Medium Web-Design“ versuchte ich mit „Learning by doing“, wie man mit einem Texteditor und den richtigen Bildformaten eine Website bauen kann. Das Buch kostete sagenhafte 59,- DM.
Ich glaube, ich war damals einer der Ersten, der im Alb-Donau-Kreis eine T-Online-E-Mail-Adresse besaß und per E-Mail erreichbar war. Mit meinem MAC, einer ISDN-Leitung mit damals 128 Kbit/s (2 x 64 Kbit/s) und einer Leonardo-ISDN-Karte konnte ich mich ins Internet einwählen. Mein damaliges E-Mail Programm war nicht von Apple, sondern von Claris. Gesurft wurde mit den Browsern von Netscape. Nach heutigen Gesichtspunkten alles sehr nostalgisch, obwohl es gefühlt noch gar nicht so lange her ist.
Nepster und Hotline waren die idealen Softwarelösungen, um digitale Daten zu tauschen und neue Sphären über das Internet zu erreichen. Die Software Hotline funktionierte ähnliche wie ein FTP-Programm. Mit dieser Software war es möglich einen Teil seiner Festplatte für den Datenaustausch freizugeben. Meine Online-Gebühren bei der Telekom erhöhten sich von Monat zu Monat. Zu meinen Spitzenzeiten lagen diese bei knapp 800 Mark.
Neben der Möglichkeit, Internetseiten zu programmieren, faszinierte mich auch die Programmierung von interaktiven CD-ROMs. Auch die Gestaltung und Entwicklung von Schriften hatte es mir angetan. Die neuen digitalen Medien verbanden alles miteinander: Typografie, Sound, Animationen und Interaktivität. Es war eigentlich klar, dass unter diesen Voraussetzungen das Internet seinen Siegeszug antreten muss, was es schlussendlich auch tat. Und so nahm alles seinen Lauf.
Unvergesslich meine Zeit an der FIND. Noch einmal die Schulbank drücken. Wir hatten eine tolle Klasse und einen super Klassenlehrer mit Herrn Böhringer.
Ich bewarb mich auf eine der ersten Designschulen, die sich auf die Neuen Medien spezialisiert hatte. Mit der Zusage durfte ich nochmals die Schulbank drücken. Nun konnte ich mich intensiv mit all den neuen Möglichkeiten beschäftigen. Die Fachschule für Informationsdesign in Reutlingen, kurz FIND genannt, war für mich der Start in eine digitale Ära. Der Abschluss zum staatlich geprüften Informationsdesigner war dabei nur Nebensache. Als Abschlussarbeit entwickelte ich mein eigenes interaktives Lehrbuch über Typografie mit dem Macromedia Director (danach Adobe Director), was ich dann 1997 unter meinem eigenen Designlabel „TypoArts“ vertrieb.
Ich reservierte bereits Mitte der 90er meine erste ".com-Domain" für mein Designlabel. Unter "www.typoarts.com" veröffentlichte ich dann meine CD-ROM. Damals lag eine Domain noch bei über 500 Mark im Jahr. Für heutige Verhältnisse unglaublich teuer.
Typografische Ansichten war eine CD-ROM mit einem Sammelwerk an typografische Regeln, die mich extrem interessiert haben. Ich konnte die Zeit an der FIND nutzen und über meine Designarbeit eine interaktive CD-ROM entwickeln.
Zur gleichen Zeit versuchte ich, die damaligen Immobilienhändler in Ulm für eine gemeinsame Immobilienplattform „Immo-Ulm“ zu gewinnen. Leider war keiner von meiner Idee überzeugt, seine Immobilien mit denen seiner Mitbewerber auf eine Online-Plattform zu stellen. Für viele war das Internet damals nur eine kurzlebige Spinnerei.
Our New Old Economy
Im Jahr 1997 war das Internet in seinen Startlöchern und hatte förmlich darauf gewartet, dass Agenturen sich seiner zu Nutzen machten. Diese sprießten damals wie Unkraut aus dem Boden und jeder bot auf einmal Internet- oder Multimedialösungen an. Der Arbeitsmarkt war leer gefegt von Fachpersonal. In vielen Fällen wurden Mitarbeiter eingestellt die keine Ahnung hatten, um was es sich hierbei drehte bzw. was der Kunde eigentlich wollte oder brauchte. Studenten wurden direkt vom 1. Praxissemester zum Abteilungsleiter „New Media“ ernannt. Schon war sie geboren, die „New Economy“. All die „abgefahrenen“ und „innovativen“ Agenturen hatten Loft-Büroräume in den besten Gegenden der unterschiedlichen Städte. Die Philosophie von einem modernen Arbeitsplatz, mit tollen Aussichten und steilen Aufstiegsmöglichkeiten. Der Geschäftsführer war so jung, dass er kaum vom Praktikanten zu unterscheiden war. Lediglich das Outfit war ein Unterscheidungsmerkmal. Der eine trug einen Armani-Anzug der andere nur eine Levi's-Jeans. Wie es sich für eine erfolgreiche Agentur gehörte, und um mit dem Hype mithalten zu können, musste natürlich auf jeder ordentlichen Firmenanschrift noch die Niederlassung von London, San Francisco oder New York stehen. Nun waren sie alle da, die virtuellen Traumagenturen. Wahrlich, es war ein toller Traum, den alle damals träumten. Heute schnell zu einem Businesstalk nach San Francisco fliegen, morgen Kundenmeeting bei BMW und übermorgen Businessweekend in den Anden.
Nach dem Abschluss an der Designschule 1998 konnte ich meinen damaligen Arbeitgeber, eine Druckerei, nicht davon überzeugen, sich mit dem Thema Internet näher zu beschäftigen und deren Kunden Webseiten anzubieten. Keiner konnte mir die Möglichkeit bieten, den Job zu machen, der mir wirklich Spaß machte. Nach einem kürzeren Intermezzo in einer neugegründeten Internetagentur von 1998 bis 2000 war für mich dann klar, dass ich mich selbstständig mache und meinen eigenen Weg gehen muss. So gründete ich im August 2000 meine eigene Agentur und konnte endlich meine eigenen Träume leben.
Fuck Millenium!
2000: Das Millennium, der Wechsel von 1999 auf 2000, lief trotz vieler Vorwarnungen ohne bösen Crash ab. Mein großes Interesse und Vorliebe zur Typografie und Schriftgestaltung hatten mich 1999 dazu veranlasst, mein eigenes Typo-Label „Eleven7“ ins Leben zu rufen. Durch den ganzen Hype um das Millennium hatte ich damals eine Schrift entworfen, die ich „Fuck Millennium“ nannte. Die vielen Schlagzeilen und Vorhersagen zum Jahrtausendwechsel hatten mich am Ende mehr genervt. Eine Zeit lang drehte sich alles um dieses Silvester, und schlußendlich war es wie jedes Jahr.
Über mein Font-Label vertrieb ich meine eigenen Schriften oder auch Schriften von anderen Designern. Zur damaligen Zeit lernte ich per E-Mail den Fontdesigner Yanek Iontef kennen, dessen Schriften ich in meinem Label aufgenommen hatte. Yanek hat heute intensiv an der Entwicklung der IBM Plex Schrift mitgewirkt und hier die hebräischen Zeichensätze entwickelt. Ich gestaltete damals meine eigenen digitalen Fontbooks mit allen Schriften, die ich im Vertrieb hatte. Das war eine wunderbare Zeit.
Links abgebildet: Zur Entwicklung der DOT.COM Blase hatte ich in der Zeit eine passende Schrift gestaltet. Die DOT-COM findet ihr in unserem Blog-Beitrag "Freefont DOT-COM als Statement zur New Economy" zum freien Download. Rechts abgebildet: Fuck Millenium. Die Schrift war ein Statement zu allem Unfug der zum Jahrtausendwechsel verbreitet wurde.
Meine FontKit01 bis FontKit03 waren Fontkataloge zu den damaligen Schriften, die ich über meinen Fontlabel Eleven-7 vertrieb.
Die Gründung meiner ersten GmbH unsere heutige Agentur
Wie es sich für einen bescheidenen Schwaben gehörte, hatte auch ich die Träume von einer Niederlassung in London, San Francisco oder New York. Meine Motivation, Begeisterung und mein Stolz waren groß, endlich eine eigene Agentur zu führen. Diese Leidenschaft habe ich bis heute nach 20 Jahren nicht verloren. Der entscheidende Schritt hierzu war die Gründung meiner ersten GmbH. Die orangeflex Media Solutions GmbH, mit dem Firmensitz in einer ehemaligen Kofferfabrik. Das war für mich auch irgendwie cool und ich verspürte den Flair der New Economy.
Am Anfang war unser Logo noch orange. Dann reduzierten wir die Farbe des Erscheinungsbild auf einen Cool-Grey Farbton. Das Logo gefällt mir heute noch.
In unseren Räumlichkeiten stand ein großer Billardtisch, an der Wand hingen Levi's Poster und wir hatten uns es wirklich gemütlich eingerichtet. Schließlich verbrachte ich fast dreiviertel meines Tages in den Räumlichkeiten.
Nach knapp einem Jahr hatte ich die ersten beiden Mitarbeiter. Angefangen hatten wir mit einem eigens entwickelten CMS-System. Darüber hinaus programmierten wir für unsere Kunden Online-Produktdatenbanken, die sowohl im Internet liefen, als auch eins zu eins auf CD-ROM gebrannt werden konnte. Was uns zu dieser Zeit ebenfalls faszinierte, war das Experimentierten mit diversen 3-D-Technologien, wie „Viewpoint“ oder „Shockwave 3-D“. Gefühlt waren wir unserer Zeit voraus. Die Ideen waren da, das Interesse an der Technologie auch. Nur der Markt war dafür irgendwie noch nicht bereit.
Das Design eines unserer ersten Websites. Im Vergleich zu heute hat sich hier einiges verändert. Nicht nur die Bandbreite der Internetzugänge. Bilder und Emotionalisierung steht heute im Vordergrund und natürlich der Content.
Gefühlt ein Stück New Economy waren unsere Agenturräume in der ehemaligen Kofferfabrik in der Bleichstrasse. Der Billard-Tisch und die Poster an der Wand verleihten unseren Büroräumen einen besonderen Flair. Kaum zu glauben, dass ich mit dem Chaos damals arbeiten konnte, wenn wir zum Vergleich unsere Büros heute sehen.
Zu dieser Zeit hatten wir außer einem hippen Firmennamen und coolen Büroräumen nicht viel von der New Economy mitbekommen. Uns war nicht einmal bewusst, dass wir zu jener Zeiten bessere Zahlen und vor allem Bilanzen schrieben wie Kabel-New-Media oder gar Pixelpark.
cre@teonline - The Web Designer's Bible. Das Magazin trug diesen Namen zu recht. Kein anderes Magazin hat die damalige Zeit und Technologie im Design und Inhalt so in Einklang gebracht. Schade, dass es solche Magazine heute nicht mehr gibt.
In der Zeit von 2001 bis 2003 war ich Abonnent des Magazins "cre@teonline". Ich muss hier wirklich ein paar Worte zu diesem Magazin verlieren. Es trug seinen Zusatz "The Web Designer's Bible" zurecht. CreateOnline schaffte es geschickt für uns Webdesigner einen interessanten Inhalt mit einem außergewöhnlichen Design zu vereinen. Jeden Monat wurden tolle und außergewöhnliche Webprojekte, neue Technologien oder auch Agenturen vorgestellt. Das war wirklich noch eine Zeit, in der das Webdesign eine experimentelle Zeit durchlief. Gerade bei uns Kreativen gab es eine Vielzahl von Websites, die durch ihren experimentellen Ansatz auffielen.
Jeden Monat stellte cre@teonline eine Agentur vor mit einem ausführlichen Interview mit einem der Gründer. Das waren sehr inspirierende Storys.
+ism war auch regelmäßig in der cre@teonline vertreten. Hier beispielhaft mit ihrer Schrift "Bioprosthesis".
Anfang 2000 kam ein ausführlicher Artikel in der cre@teonline über "Boo.com". Ein Projekt, was weit seiner Zeit veraus war. Das Unternehmen "Boo.com" plante einen Online-Einkaufwelt, die komplett auf 3D Technologie aufgesetzt war. Der User konnte alle Produkte dreidimensional betrachten und einkaufen. Selbst heute 20 Jahre später gibt es noch keine vergleichbare Lösung, die Boo.com damals plante. Das Ergebnis: Boo.com war seiner Zeit weit voraus und wurde ebenfalls Opfer der .com-Blase.
Jeder sammelt so seine Erfahrung mit dem Medium Internet. Vor allem im Bereich der Typedesigner entwickelte sich hier eine Branche, die die Möglichkeiten im Design damals voll ausschöpften. Wenn ich an die damalige Zeit zurückdenke, dann fallen mir spontan drei Font-Labels ein, die prägend für diese Zeit waren. Das sind "+ism", "T26" und "2Rebells". Das Design der Schriften oder auch der Fontkataloge von +ism haben mich damals fasziniert. Darüber hinaus gab es aber auch viele junge Designer, die sich einen Namen machten. Zum Beispiel Germán Olaya, der gebürtige Kolumbianer hat bereits mit 16 Jahren angefangen Schriften zu entwickeln und diese über seine Website Typo5 zu vertreiben. Seine Schriften wie auch das Design seiner Website sind heute noch inspirierend. Das war noch eine Zeit, in der Design frei gestaltet wurde, ohne jegliche Zwänge von Technologie oder Google.
Für unseren Beitrag haben wir die Fontbooks von +ism in MockUp's eingearbeitet. Die Designs von +ism ist heute noch so inspirierend wie damals. Hier ist jede Seite für sich ein Design-Kunstwerk.
Ich startete meine Selbstständigkeit unter anderem auch in eine Zeit hinein, in der die New Economy gerade zusammenbrach und das Internet, vor allem Internetagenturen, lange als verpönt galten und als Sündenbock für den Börsencrash der New Economy herhalten mussten. Die Zeiten waren damals schwierig. Unser hipper Firmenname blieb nicht lange. Ich hatte den Fehler gemacht, dass ich meinte, den Firmennamen beim Patent- und Markenamt anmelden zu müssen. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich eine Auseinandersetzung mit einem Telekommunikationskonzern aus Frankreich. Schlussendlich war die rechtliche Einsicht, keinen Kampf gegen einen internationalen Konzern zu führen, mit einem positiven Ausgang behaftet. Er verschaffte uns über Umwege den Namen, der auch wirklich zu uns passt.
So nebenbei hatten wir die New Economy einigermaßen unbeschadet überstanden. Wir freuten uns über unsere Arbeiten und all die neuen Technologien, mit denen wir uns auseinandersetzen durften. Vor allem aber über die Anerkennung, die wir von unseren Kunden erhielten. Das bedeutet uns auch heute noch sehr viel.
Im Jahr 2001 erhielten wir - für mich ganz unerwartet - die Möglichkeit, in den USA eine Präsentation abhalten zu dürfen. Curious Labs planten ihren neuen Internetauftritt und luden uns zu einer Präsentation direkt nach Santa Cruz ein. Wir präsentierten damals das neue Design der Webseite mit einer integrierten 3-D Technologie. Curious Labs war Vorreiter im Bereich Softwareentwicklung für 3-D Charakter (Avatare). Mit diesem Projekt konnten wir doch ein wenig das Feeling von San Francisco und Silicon Valley schnuppern. Ein Hauch New Economy und ein Stück meiner Träume wurde damit wahr. Unser Flug ging direkt nach San Francisco. Von dort aus fuhren wir mit einen Mietwagen auf dem Highway No. 1 an der Küste entlang südlich nach Santa Cruz. Die Fahrt auf dem Highway No. 1 war ein unbeschreiblicher Moment. Das Gefühl der Freiheit und grenzenlosen Arbeiten belegten genau das, was man der damaligen New Economy nachgesagt hatte. Das Erlebnis dieser Reise in die Technologieregion der USA bleibt mir immer in Erinnerung. Die Rückfahrt ging dann wieder über den Highway No. 1 nach San Francisco hoch. Bis zu unserem Rückflug konnten wir noch ein paar Tage in dieser tollen Stadt verbringen.
Erinnerungen an unsere Präsentation in Santa Cruz bei Curious Labs. Die Südküste Kaliforniens bereiste ich noch öfters. Das Land und die Eindrücke haben mich nie losgelassen.
Der Börsencrash
Parallel zu unserer Firmenentwicklung kam es, wie es kommen musste. Die große Blase „New Economy“ platze und verursachte einen der größten Börsencrashs. Die Aktien der großen Agenturen wie Kabel-New-Media waren nicht einmal mehr das Papier wert, auf das diese gedruckt waren, trotz vielversprechender Aussichten als Aktionär oder Investor. Der Markt bereinigte sich von ganz alleine. Viele Agenturen ließen ihre Federn oder schrumpften auf eine ordentliche Größe. Auf einmal stand eine Vielzahl kompetenter und qualifizierter Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und es wurde wieder auf Werte und Abschlüsse geachtet.
Zu dieser Zeit, es war 2003, hatten wir in der Agentur unseren vierten festen Mitarbeiter eingestellt und uns der Verantwortung angenommen auszubilden. Dieser Verantwortung sind wir uns heute nach wie vor bewusst. Auch sind wir davon überzeugt, dass eine gute Ausbildung im Haus den Bedarf für zukünftiges Fachpersonal sicherstellt.
Unsere erste TYPO3 Website entwickelten wir bereits 2003. Ein System was uns nun schon viele Jahre begleitet. Das aus Überzeugung.
Neben der personellen Entwicklung zog das Internet mehr und mehr in Kommunikationskonzepte von Unternehmen ein und schaffte Mehrwerte und Nutzen für diese. Auf der einen Seite wurden Contentmanagement-Systeme wie TYPO3 eingeführt und auf der anderen Seite Unternehmensprozesse im Internet abgebildet sowie tragbare Online-Shops entwickelt. Wir entschieden uns damals schon für TYPO3, weg von einer individuellen CMS-Entwicklung.
graphicdisc - Individual Disc's for individual People
Unsere ersten Erfahrungen mit E-Commerce-Lösungen konnten wir bereits 2003 sammeln. Damals gründete ich das Label "graphicdisc", welches bedruckte CD-Rohlinge über das Internet vertrieb. Die Idee hinter graphicdisc war, möglichst vielen Menschen CD-Rohlinge mit einem tollen Design anzubieten. Jedes Musik-Sample ist eine persönliche Zusammenstellung von Liedern, die eine passende Form als Speichermedium brauchten. Damit wir über das Label tolle Designs bekommen konnten, schrieb ich unterschiedliche Designer auf der ganzen Welt an. Das Geschäftsmodell war, der Designer liefert an graphicdisc ein Design für ein CD-Label und erhält im Gegenzug 20 Exemplaren von den bedruckten CD-Rohlingen. Das kam sehr gut bei den Designern an. Was mich damals total stolz machte war, dass ich zwei meiner Lieblingsdesigner für meine Idee gewinnen konnte. Mit Robert Lindström von "The Design Chapel", konnte ich einen der angesagtesten Designer aus Schweden gewinnen. Robert ist Gründer der Agentur "NorthKingdom", eine der besten Adressen, wenn es um kreative digitale Arbeiten geht.
CD-Labels gestaltet von Robert Lindström.
Ein weiterer Top-Kreativer, für mich eine der schillerndsten und prägendsten kreativen Persönlichkeiten der damaligen Zeit, war Arnaud Mercier. Gründer und Geschäftsführer von "AREA 17", eine französische Agentur, die heute ein Büro in Paris und New York hat. Arnaud ist für mich ein Designer, der ein Gefühl für Formen, Bilder, Illustrationen und Typografie hatte, wie kaum ein anderer. Seine Designs sind für mich heute noch genauso angesagt und außergewöhnlich, wie damals. Einfach ein zeitloses Design, das jeden Trend überlebt. Seine Arbeiten und Designs haben mich wie kaum ein anderer inspiriert und fasziniert. Leider ist Arnaud schon sehr früh verstorben. Ich hatte das erst per Zufall 2019 erfahren, was mich sehr traurig gestimmt hat. Ein toller Mensch und Designer, der mir immer in Erinnerung bleiben wird.
Unseren ersten Online-Shop programmierten wir mit xt-commerce. Eine OpenScource-Lösung, die zum Beginn des Online-Handels extrem verbreitet und beliebt war. Wir hatten damals alles wichtige und notwendige in den Shop integriert. Die Rohlinge konnten direkt per Kreditkarte bezahlt werden und wurden dann von mir persönlich verpackt und verschickt. Wir betrieben den Shop fast vier Jahre, bis dann iTunes so verbreitet war, dass kaum noch jemand Musik auf CD-Rohlinge brannte. Ein paar wenige Rohlinge sind heute noch übrig.
Es ist immer hilfreich, wenn man über eigene Projekte Erfahrungen sammeln kann. Der Online-Handel hat sich gewaltig verändert im Vergleich zu damals. Wenn wir heute zurückblicken auf 17 Jahre Shop-Entwicklung, so haben wir so manches Projekt auf die Straße gebracht.
CD-Labels von Arnaud Mercier. Für mich eines der inspirierendsten Designer der New Economy Zeit. Seine Designs sind heute wie damals modern und zeitlos.
Weitere CD-Labels von Gast-Designern, die für graphicdisc gestaltet haben, oder auch eigens entwickelte Designs (linkes Bild).
Auch wir erfanden uns neu
Die zeroseven design studios zogen 2006 in die Hahnengasse, Mitten in Ulm. Für uns war es ein Neuanfang. Raus aus den alten Räumlichkeiten, rein in die Stadt. Die knapp 120 qm großen Büroräume boten uns ein heimisches Ambiente. Unser heutiger Creative Director und Kreativ-Geschäftsführer Sebastian Feurle war zur damaligen Zeit auf der Suche nach einem Ausbildungsbetrieb, der ihn übernimmt. Ich kann mich heute noch daran erinnern, als wäre es gestern gewesen. Ein junger Kerl mit Strohhut stand auf einmal vor mir und erzählte, dass sein Arbeitgeber schließen muss und er einen Ausbildungsbetrieb sucht, in dem er sein letztes Ausbildungsjahr absolvieren kann. Das Sebastian als einer der beiden Jahrgangsbesten im Kreativ-Bereich abschloss, war für mich nicht verwunderlich. Es sind die Zufälle und die außergewöhnlichen Wege, die Menschen zusammenbringen.
Der Eingangsbereich unseres ehemaligen Büro in der Hahnengasse 1. Von 2006 bis 2013 waren wir in der Hahnengasse in Ulm.
Zu unserem Neuanfang in der Hahnengasse entwickelten wir eine visuelle Identität mit der passenden Brand-Story. Uns faszinierte das Thema Raumfahrt als Metapher und Brücke zur Internettechnologie. Das technisch komplexe Thema lässt sich gut anhand von Beispielen aus der Raumfahrt beschreiben. So entstand unsere eigene Broschüre, interaktive CD-ROM und Website, die wir damals noch mit Flash programmierten.
Die Titelseite unserer ersten Firmenbroschüre. Auf dieser Grundlage entwickelten wir ein Flash-Seite, die auch auf CD-ROM lauffähig war.
Flash und Flex waren zwei Technologien, die sehr eng miteinander verbunden waren und die uns begeisterten. Nebenbei beschäftigten wir uns intensiv mit TYPO3, dem neuen Stern am Himmel für die Umsetzung von Websites. Das Contentmanagement-System TYPO3 nutzen wir seit 2003. Flex lag aufgrund unseres Flash-Know-hows sehr nahe. Mit der Vorstellung des iPhones von Apple war die Technologie zum Tode verurteilt. Mit der Vorstellung des iPads war klar, dass diese Technologie auf Dauer keine Relevanz mehr haben wird. So nutzten wir unser internes Know-how in der Flex- sowie Flash-Entwicklung und stiegen auf ObjectiveC um, was die damalige Programmiersprache für das iPhone und iPad war.
2016 feierte Sebastian Feurle sein 10 jähriges Firmenjubiläum in den zeroseven design studios. Unser ehemaliger Auszubildender ist heute Head of Creation.
Klassisch oder rein digital, oder gar Architektur?
Bleiben die zeroseven design studios eine reine Digitalagentur oder bauen wir uns darüber hinaus noch weitere Expertisen in der Markenentwicklung/-führung und Architektur auf? Das waren die Fragen, die für unseren zukünftigen Weg als Agentur entscheidend waren. Neben unserer Digitalexpertise war für mich die Markenentwicklung und das Markenverständnis eine wichtige Komponente in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Digital führen kann man nur dann richtig, wenn das Verständnis der Markenentwicklung vorhanden ist.
Neben der reinen digitalen Expertise entwickelte sich die Agentur darüber hinaus im Bereich der Marken- und Marketing-Expertise weiter. Auch den Bereich SEO verankerten wir schon sehr frühzeitig mit eigenen Mitarbeitern in unserer Agentur. Für uns war klar, dass Technologie, Design und Markenentwicklung für die Zukunft drei wichtige Eckpfeiler sein werden. So war es dann irgendwie auch kein Zufall, dass ich über ein gemeinsames Projekt 2013 Eva Kalcker als Interims-Marketingleiterin in einem Ulmer Unternehmen kennenlernte. Auch hier haben sich die Wege von zwei Menschen auf eine etwas ungewöhnliche Weise gekreuzt und zueinandergefunden. Ein Glück für die zeroseven design studios, welche die Expertise für Marken und Markenentwicklung damit fest in das Leistungsportfolio der Agentur verankern konnten.
Die Erfahrung und das Know-how von Eva Kalcker rundete dann unser Portfolio ab.
Unseren ersten Online-Shop setzten wir 2003 mit xt-commerce um. Seit 2013 sind wir autorisierter Shopware Partner und Agentur.
Architektur. Ein bleibender Eindruck
Architektur hat mich neben meinen ganzen Design-Vorlieben ebenfalls schon früh interessiert. Meine ersten Berührungen mit der Architektur hatte ich dann aber über einen doch etwas ungewöhnlicheren Weg. Ein guter Freund von mir, der ebenfalls eine Agentur betreibt, hatte die Idee, ein Café zu eröffnen. Das Konzept des Cafés sollte über Schiffs-Container umgesetzt werden. Als mein Freund mir das erzählte, war ich sofort Feuer und Flamme für seine Idee und wollte ein Teil davon sein. Gesagt, getan! Wir gründeten mit zwei weiteren Freunden die Ungewöhnlich GmbH und betrieben fortan ein Tagescafé. Die Umsetzung des Tagescafé‘s haben wir dann mit zwei Schiffs-Containern realisiert. Die zeroseven design studios entwickelten das Erscheinungsbild und die Website zum Café. Das Thema Architektur hat mich seither nicht mehr losgelassen.
Ein gemeinsames Projekt mit Freunden. Café Ungewöhnlich, was auf einem Container-Konzept aufsetzt. Container bieten im Corporate Architecture-Bereich viele tolle Möglichkeiten in der Raumgestaltung. Wir finden immer wieder einen Weg Container in unsere Konzepte einfließen zu lassen.
Das Erscheinungsbild und die Speisekarten wurden komplett von zeroseven entwickelt. Parallel gab es damals noch eine Flash-Website.
Der Weg in unsere eigene Kirche
Ich war bereits eine längere Zeit auf der Suche nach neuen und passenden Agenturräumen. Per Zufall hatte ich das Glück, ich glaube die Fügung, dass ich 2009 die Räumlichkeiten der Zionskirche zum ersten Mal sehen durfte. Einen Moment, der die Entwicklung der Agentur verändert und nachhaltig geprägt hat. Mit dem ersten Schritt in die Zionskirche war mir sofort klar, dass die Räumlichkeiten genau das sind, was ich gesucht habe. Die Räume sowie deren Atmosphäre ließen mich nicht mehr los und zeigten mir ganz klar, welchen Weg ich mit der Agentur gehen werde. Das sind wiederum Momente im Leben, wo einem innerhalb von Sekunden klar ist, welchen Weg einer gehen muss. Du stehst vor einer Kreuzung und weist sofort, welche Richtung die Richtige ist. Das die Räumlichkeiten wie auf uns zugeschnitten sind, wurde mir erst später bewusst. Wir füllten diese mit Leben und dem notwendigen Esprit.
Der Umbau der Zionskirche war eine erfahrungsreiche Zeit. Mit viel Mut sind wir das Projekt angegangen und haben den Umbau der ehemaligen Zionskirche vorangetrieben. Manchmal ist es ganz hilfreich sich nicht so viele Gedanken zu machen, was alles kommen könnte. Einfach loslegen.
Der Umbau der Zionskirche war für die zeroseven design studios der erste Schritt in den Bereich Corporate Architecture. Begonnen hat alles mit einer Abrissparty im 2. Obergeschoss der Zionskirche. Viele Gäste und Kunden folgten unserer Einladung. So konnten wir zum Start des Umbaus noch einmal mit unseren Kunden zusammen in den Räumlichkeiten feiern. Ein dankbarer Schritt für mich, da wir ohne unsere Kunden nicht an diesem Punkt stehen würden.
Bevor wir mit dem Umbau begannen, hatten wir in der 2. Etage noch eine Abrissparty mit unseren Kunden gefeiert. Heute gehört die 2. Etage ebenfalls zu unserem Büro. Wachstum hat uns stetig begleitet. Für dieses Wachstum ist vor allem eins wichtig. Menschen auf Augenhöhe als Mitarbeiter und Kunden. Dafür sage ich dankeschön, da ich in das die letzten 20 Jahre immer hatte.
Die komplette Planung sowie den Umbau der Agenturräume führte ein neu gegründetes Team durch. Wir hatten es selber in der Hand, wie wir unser Arbeitsumfeld und die Zionskirche gestalten und interpretieren. Für mich war immer klar, dass ich den Charakter der Kirche erhalten möchte. Das war eine spannende und erfahrungsreiche Zeit. Viele Besprechungen und Abstimmungen mit öffentlichen Baubehörden, dem Denkmalschutz und dem Brandschutz. Die Herausforderung und Erfahrung im Umbau von denkmalgeschützten Gebäuden war sehr lehrreich für uns als Agentur und für die Entwicklung unseres Corporate Architecture Bereichs. In vielen Diskussionen hatten wir uns am Ende immer auf eine für das Gebäude sinnvolle Lösung geeinigt, bei einer fairen und partnerschaftlichen Auseinandersetzung.
Für die Planung und den Umbau der Agenturräume versuchte ich so viele Ideen und Spirit wie möglich einfließen zu lassen. Mir war es wichtig, das Bauvorhaben aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu durchleuchten. Unabhängig von Machbarkeit oder nicht. Hierzu nutzte ich die Chance, mit der Architekturhochschule AMD in Hamburg in Zusammenarbeit mit Frau Prof. Elke Jensen eine Projektarbeit in ihrer Architekturklasse zu platzieren. Sechs Teams á 4 bis 6 Studenten setzten sich dann mit dem Thema auseinander. Hier entstanden tolle Ideen und Lösungen für eine Architektur, die frei von jeglichen Zwängen und Auflagen war. Natürlich auch mit dem Ergebnis, dass die Umsetzung teilweise sehr teuer werden könnte. Zu diesem Anlass präsentierte ich das Bauvorhaben an der Hochschule in Hamburg. Knapp 6 Wochen später präsentierten mir die sechs Gruppen ihre Entwürfe und Interpretationen.
Die zeroseven design studios zählte damals schon knapp 20 Mitarbeiter.
Der Umzug in die neuen Agenturräumen
Am 23. Dezember 2013 zogen wir in die neuen Agenturräumlichkeiten in der Zionskirche. Offiziell war der Umzug und die Eröffnung am 07. Januar 2014. Alles war neu, von den Möbeln, über die Infrastruktur bis hin zur Technologie. Ein großer Schritt für uns, der uns aber wieder weiter nach vorne gebracht hat. Es ist nicht selbstverständlich, was wir alles geschaffen haben und wie gut die Agentur heute dasteht. Es ist das Ergebnis eines tollen Teams und vielen genialen Menschen, die den zeroseven design studios über die Jahre die Treue halten.
Neben unseren neuen und tollen Agenturräumen haben wir das Glück, dass direkt vor unserer Haustüre der schönste Stadtpark in ganz Ulm ist. Der alte Friedhof hat eine über tausendjährige Tradition und eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler der Stadt Ulm.
Vieles, was uns manchmal als selbstverständlich erscheint, ist eben nicht selbstverständlich. Dass sich Menschen finden, die gemeinsam ein Ziel, eine Vision haben und diese vorantreiben, ist eine wundervolle Fügung und Kraft. Wenn wir unsere Ziele und Visionen hin und wieder hinterfragen sowie regelmäßig aufs Neue schärfen, so bleiben die Werte oder das, woran wir glauben, uns immer erhalten. Wachstum mag planbar sein, besser ist es aber meiner Meinung nach, wenn es sich aus der inneren Kraft und Dynamik entwickelt.
So war es vermutlich wieder kein Zufall, dass ich 2015 Rudolf Moser kennengelernt habe, der ebenfalls eine prägende Rolle bei uns in der Agentur eingenommen hat. Ein Kunde hat uns eine Empfehlung ausgesprochen, ohne dass wir aktiv in diesem Moment nach einem Mitarbeiter gesucht haben und es hat von Anfang an einfach gepasst. In meiner heute 20-jährigen Selbstständigkeit kann ich sagen, dass wenn mein Bauch "ja" sagt, ich mich meistens auf das Gefühl verlassen kann. Auch das ist eine Erkenntnis, die sich durch keinen Personalfragebogen ersetzen lässt.
Ab 2015 befassten wir uns intensiv mit Design Thinking und haben mehr und mehr die Methoden für uns umgesetzt und eingeführt. Heute treiben uns Design Sprints voran, wie man im Team gemeinsam kreative Lösungen entwickeln kann. Hier kommen viele neue Themenfelder auf uns zu. Das fordert Innovation, Bereitschaft für Veränderungen und ein ständiges Hinterfragen unserer Abläufe sowie unserer Arbeit.
Mittlerweile sind wir bei 40 Mitarbeitern angekommen. Das Wachstum einer Agentur unterliegt einzelnen Phasen und Prozessen. Hier durchläuft man auch Phasen, in denen man vor Entscheidungen steht, in welche Richtung sich ein Unternehmen weiterentwickeln will und kann.
Design-Thinking und Design-Sprints sind heute vielseitige Möglichkeiten im Dialog mit unseren Kunden gemeinsame Ergebnisse zu erarbeiten. Die Dynamik und das Ziel schnell, valide Ergebnisse zu erzielen sind der Erfolg dieser Methoden. Diese lassen sich extrem gut auch in unsere Workshops wie "Brand Interaction" oder "Digital Branding" integrieren.
Dies ist immer eine Herausforderung und steckt voller neuer Erfahrungen. Am Ende mag Führung ein wichtiger Faktor für den Geschäftserfolg sein, aber was aus meiner Sicht viel wichtiger ist, ist das Vertrauen in Menschen. Vertrauen auch einmal Fehler zu machen, aber dann aus Fehlern auch zu lernen. Ob man als Unternehmen erfolgreich in Zahlen gemessen ist oder nicht, war für mich nie ein Antrieb. Natürlich muss sich ein Unternehmen am Ende des Monats tragen, um die Gehälter auch bezahlen zu können.
Die Verantwortung für mittlerweile viele Mitarbeiter und auch teilweise Familien zu tragen, das zeichnet für mich am Ende den Faktor Erfolg aus und damit definiert sich Erfolg aus der Gemeinschaft von Menschen, in der jeder eine Rolle einnimmt. Ja, und auch hier muss am Ende eine Entscheidung getroffen werden, nach rechts oder links laufen. Diese Verantwortung kann einer oder mehrere tragen.
Nach wie vor ist für uns die Aus- und Weiterbildung eine wichtige Säule. Jungen Menschen eine Entwicklungsmöglichkeit zu bieten und gute TYPO3 Programmierer auszubilden ist für uns zur Selbstverständlichkeit geworden. Vielleicht weil uns bewusst ist, dass Qualität eng mit Bildung verknüpft ist.
Dass unser Weg aus architektonischer Sicht ein außergewöhnlicher Schritt war, hat uns die Anfrage vom chinesischen Architekturmagazin „id+c“ gezeigt. Wir hatten unseren Umbau in diversen Architekturplattformen veröffentlicht. Über diesen Weg ist vermutlich auch id+c auf uns aufmerksam geworden. Am Anfang war ich noch sehr skeptisch, ob es sich mit der Anfrage nicht um einen Fake handelt. Umso mehr freuten wir uns, als sich herausstellte, dass es dieses Magazin wirklich gibt.
Kaum zu glauben, dass es unsere Agenturräume bis in ein chinesische Architekturmagazin geschafft hat. Darauf sind wir ebenfalls stolz.
Was ist den eigentlich aus dem Traum der New Economy geworden?
Ehrlich gesagt, wir haben doch alle unsere Träume und Vorstellungen, wie unser Leben oder auch unsere berufliche Laufbahn erfolgen soll. Sind die Träume so alle in Erfüllung gegangen, wie wir uns das gewünscht haben? Aus den Träumen werden irgendwann einmal Ziele. Wenn wir unsere Ziele mit dem vergleichen, was wir uns gewünschten haben, hat sich so manches in eine Richtung entwickelt, die vielleicht gar nicht so weit vom einstigen Traum entfernt ist, manches vielleicht schon. Manches hat sich durch seine Eigendynamik selbst entwickelt, sodass die Ziele, die damit verbunden sind, dann auch in Erfüllung gegangen sind. Zufälle und unterschiedliche Persönlichkeiten beeinflussen einen Weg und eine Entwicklung. Sprechen wir hier vom Glück des Tüchtigen oder von Zufall? Wer weiß? Vermutlich ist es eine Mischung aus beidem! Aber unterm Strich hat jeder eine gewisse Eigenverantwortung für das, was er erreichen will und wohin der Weg führt.
Eine wichtige Voraussetzung und Verantwortung dabei ist es, die richtigen Persönlichkeiten und Menschen zusammenzubringen und vor allem Mut zu haben. Ich glaube, das ist heute eine der wichtigsten Voraussetzungen in der Entwicklung von Unternehmen. Menschen zu finden, deren einzelne Stärken und Fähigkeiten in der Kombination als Team ein großes, starkes Ganzes ergeben. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Kraft Entscheidungen zu treffen. Der Mut und die Entscheidungskraft lassen dich den Weg gehen. Wenn ich heute auf die New Economy zurückblicke, habe ich unseren großen, alten Billardtisch vor Augen, der unsere damaligen Büroräume in der Bleichstraße schmückte.
Ein großes Levi's Poster an der Wand verlieh uns den Spirit von den heutigen Start-up Unternehmen. Wir müssen zugeben, dass die alte Fabrikhalle, der einstigen Kofferfabrik, uns der New Economy ein bisschen näher brachte. In jedem Urlaub, den ich Mitte/Ende der 90er und Anfang der 2000er an der Westküste in San Francisco verbracht habe, fuhr ich zum Firmensitz von Razorfish. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich durch ein großes Schaufenster in die Räumlichkeiten von Razorfish blickte und das Ambiente so cool fand. Eine mit Licht an die Wand projizierte Uhr ist mir hier nachhaltig im Gedächtnis geblieben. Auch bei meinen Reisen nach New York habe ich mir regelmäßig die Standorte der großen Agenturen aus der New Economy angeschaut. Auf der einen Seite war das ein Traum, einmal so eine große Agentur zu haben, auf der anderen Seite aber auch ein Antrieb, immer weiter voranzugehen.
Razorfish war für mich lange eine Agentur, deren Entwicklung ich mit großem Interesse verfolgt hatte. Vielleicht war es Zufall, aber meine Städtetripps in die USA waren meist auch ein Standort von Razorfish. Egal ob ich in NewYork oder San Francisco war, ich nahm mir immer die Zeit und fuhr zu den Büros von Razorfish. Unvergesslich für mich die große LED-Uhr, die bei Razorfish an die Wand projeziert wurde. Ich stand vor diesem großen Schaufenster und war fasziniert von dieser Agentur. Inspiration ist auch Antrieb. Von Razorfish gabe es sogar ein Buch. Natürlich hatte ich das aus den USA importiert.
Transformation, die uns immer begleitet
Heute, nach knapp 20 Jahren im Agenturumfeld, stehen wir an einem Punkt, an dem wir mit Stolz auf das zurückblicken, was wir geschaffen haben. Mit all der Erfahrung und den Geschichten ist unser Anspruch an uns selbst sowie an unsere Agentur, Jahr für Jahr gestiegen. Das ist Fluch und Segen zugleich.
Was damals ein Traum von hippen Loft-Büros war, ist heute die glückliche Realität in dem außergewöhnlichen Ambiente der Zionskirche tätig sein zu können - weit aus schöner als es Lofts jemals sein könnten. Auch die Entwicklung, die wir als reine Digital-Agentur zu einer Agentur mit digitaler Prägung und tiefem Markenverständnis sowie der Leidenschaft für Design und Architektur vorgenommen haben, erfüllt uns sowohl mit Freude als auch mit Stolz.
Architektur ist im Gegensatz zu jeder Technologie und jedem Trend einfach etwas Unvergängliches. Architektur bleibt über Jahrzehnte und Jahrhunderten erhalten. Aber nur dann, wenn man das Richtige daraus macht. Es verleiht einen emotionalen Halt und Geborgenheit.
Der Digitalisierungsprozess verändert nicht nur die Arbeitswelt und die Anforderungen an Arbeitgeber. Prozesse und der stetige Wandel waren die beständigsten Begleiter der letzten 20 Jahre. In kaum einer anderen Branche werden Arbeitsabläufe und Methoden so schnell angepasst, als in der Digitalbranche. Von Design Thinking bis hin zu Design Sprints haben sich unterschiedliche Methoden die letzten Jahre etabliert. Die Techkonzerne wie Google, Facebook, Apple, Amazon oder auch SAP sind heute bereits, wie wir Agenturen, in der Lage diese Methoden in kürzester Zeit in ihren Unternehmen zu verankern. Daran erkannt man, wie dynamisch Unternehmen heute sein müssen. Diese sind für viele Studienabgänger heute eine der wichtigsten Anforderungen an einen Arbeitgeber. Sie lernen bereits in ihrem Studium, wie man moderne Methoden einsetzt. Das ist aus meiner Sicht auch eine der größten Herausforderungen für viele Unternehmen, sich dieser Veränderung also Transformation zu stellen. Nicht nur in Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch um die Talente als Arbeitgeber zu überzeugen.
Was sich aber heute jedoch sagen lässt, ist, dass aus der „New Economy“ eine „Old New Economy“ wurde. Wir tragen immer noch keine Armani-Anzüge, sondern sind bodenständig geblieben. Wie damals gilt für uns auch heute, dass das Internet ein Handwerk ist, ein Handwerk aus Technologie und Vernunft, gepaart mit Service, Qualität und Verständnis. Mit Kreativität und Design differenzieren wir uns als Unternehmen. Und die wichtigste Grundlage ist dabei eine Strategie.
Mit Verständnis, für das was der Kunde braucht und für Marken. Bei allen schnellen Veränderungen, die uns die digitalen Themen gebracht haben, sind immer die Marken und Unternehmen dauerhaft hervorgegangen, die sich ihrer Werte und Stärken bewusst sind. Die wissen, für was sie stehen und was sie besonders gut können. Nicht umsonst ist heute ein wichtiges Bewertungskriterium von Unternehmen der Markenwert.
Ein funktionierendes Team ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit. Vielen Dank an alle, die Teil der zeroseven design studios sind und auch waren.
Das Jahr 2020 wird uns langfristig in Erinnerung bleiben zu unserem 20-jährigen Jubiläum. Dass unser Jubiläumsjahr von der Corona-Pandemie geprägt wird, hätten wir uns im Januar dieses Jahres nicht vorstellen können. Eine Krise, die unser Land noch einige Zeit begleiten wird, uns jedoch auch vor Augen geführt hat, wie wichtig die Digitalisierung und die Transformation für Unternehmen und Marken ist und zunehmend werden wird.
Beides ist heute untrennbar miteinander verbunden und ein wesentlicher Faktor für den Geschäftserfolg. Dabei ist immer die Frage, was ist Erfolg in Zeiten Corona und darüber hinaus. Sind es die Aktienkurse, die uns vorantreiben und motivieren, oder die "Veränderung" und auch "Besinnung" in eine Zeit, die nicht von einer Dividende geprägt sein wird und hoffentlich muss.
Dafür trägt aber jeder von uns einen Teil der Verantwortung, dass es hier zu Veränderungen kommt. Ob es richtig ist, dass Unternehmen wie Apple, die drei Tage nach der Verkündung eines Rekordquartals eine Pressemitteilung veröffentlichen, dass sie die Mieten aufgrund der Corona-Pandemie hätten halbieren wollen. Oder auch Unternehmen wie Adidas, die einen ähnlichen Weg hätten einschlagen wollen, obwohl diese ein Jahr zuvor Rekordgewinne einfuhren.
Gefühlt befinden wir uns wie vor 20 Jahre zu unserer Gründung in einer Krise, die im Vergleich zu damals nicht durch die Gier von Aktiengewinnen zustande gekommen war, sonders durch einen Virus. Aber wir stehen heute aus meiner Sicht an einem ähnlichen Punkt, wenn wir auch digitaler sind.
Aus ein paar Gedanken, die ich aufschreiben wollte, ist doch eine längere Geschichte geworden. Meine Zeilen sollen auf keinen Fall als unternehmerische Weisheiten rüber kommen. Mir ist beim Schreiben nochmals bewusst geworden, welches Glück ich die letzten 20 Jahre hatte, was ich alles erfahren und erleben durfte. Und, wie dankbar ich für all die Erfahrungen bin. Erfahrung ist einer der wichtigsten Schätze, die wir unseren Kindern oder auch jüngeren Unternehmen mit auf den Weg geben können. Es ist sogar eine Verpflichtung von uns, unsere Erfahrung zu teilen. Für mich war es ein Rückblick auf den Start meiner Selbstständigkeit, auf die Entwicklung unserer Agentur. Viele tolle Erinnerungen sind mir beim Schreiben wieder eingefallen. Das Internet hat förmlich meine berufliche Laufbahn extrem geprägt, verändert und gesteuert. Darüber bin ich dankbar und vergesse aber nicht, wo meine Wurzeln sind und wo ich herkomme.